4-Tage Arbeitswoche
oder
Kürzung der Wochenarbeitszeit
Als Arbeitnehmer finde ich eine 4-Tage Arbeitswoche einfach nur klasse. Wenn das Ganze dann noch einen 8-Stunden Tag bei vollem Lohnausgleich bedeutet, ist das nur noch genial, zumindest für Arbeitnehmer. Aber hat das Ganze auch eine Kehrseite?
Sicherlich ist es in vielen Fällen möglich, durch bessere Arbeitsorganisation das gleiche Arbeitspensum in kürzerer Zeit zu schaffen. Meistens ist das aber nicht die Lösung. Einige Beispiele:
- Ein Zug benötigt selbst bei absoluter Pünktlichkeit eine ganz bestimmte Zeit, um von A nach B zu kommen. Um eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit zu realisieren, benötigt man schlicht und ergreifend mehr Personal, um die gleiche Transportleistung zu erbringen.
- Eine Maureleistung, eine Elektrikerleistung, eine Malerleistung, eine Klempnerleistung usw. benötigt eine ganz bestimmte Zeit. Sicher ist es z.T. möglich, diese Zeit durch bessere Maschinen, den Abbau von Bürokratie, Optimierung der Abläufe usw. in Grenzen zu reduzieren. Aber eine Arbeiterin oder ein Arbeiter kann nicht so einfach doppelt so schnell Arbeiten. Die körperliche Belastung setzt eben Grenzen. Also benötigt man wieder mehr Personal für die gleiche Arbeitsleistung.
- In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen herrscht jetzt schon Personalnotstand. Sicherlich könnte durch Abbau von Bürokratie viel Zeit gespart werden, aber die Arbeit am Patienten braucht eine bestimmte Zeit, welche nicht weiter reduziert werden kann. Also benötigt man wieder mehr Personal, um die gleichen Leistungen erbringen zu können.
Man kann es also drehen und wenden, wie man will, um die gleichen Arbeitsleistungen erbringen zu können, wird bei Arbeitszeitverkürzung i.d.R. mehr Personal benötigt. Doch bei dem derzeitigen Arbeitskräftemangel (sowohl Fach- als auch Hifskräfte) woher nehmen und nicht stehlen. Lokführer, Handwerker, Pflegekräfte usw. wachsen eben nicht auf Bäumen.
Vor einiger Zeit berichtete der Chef einer Heizungsbaufirma, daß er wieder viel mehr Bewerbungen erhält, seit er in seiner Firma die 4-Tage-Woche eingeführt hat. Das klingt nach der perfekten Lösung. Aber eigentlich hat er keinen einzigen Monteur zusätzlich geschaffen, sondern zieht nur aus anderen Unternehmen das Personal ab. Jetzt kann er zwar seine eigenen Aufträge abarbeiten. Andere Unternehmen, die den Weg über die 4-Tage-Woche nicht gehen können, dafür eben nicht mehr. Es ist demzufolge nur Lochstopferei und keine wirkliche Lösung des Arbeitskräfteproblemes.
Mehr Freizeit ist zwar wunderbar, aber damit man dann dieses Mehr an Freizeit auch sinnvoll nutzen kann, werden auch noch mehr Menschen benötigt, die in genau dieser Zeit so blöd sind und arbeiten gehen. Woher sollen die denn kommen oder gibt es die im Arbeitskräfte-Fachhandel zum Sonderangebot?
Es gibt leider noch eine Kehrseite. Eine Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichem Lohn zzgl. mehr Personal mit zusätzlichen Lohnkosten führt bei gleicher Arbeitsleistung zwangläufig zu einer Erhöhung der Teuerungsrate. Die kann dann natürlich wieder als Grund für weitere Lohnforderungen genommen werden. Schlußendlich beist sich damit die Katze in den Schwanz. Und wer ist in diesem perfiden Spiel der große Verlierer? All die Menschen, für die sich keine Gewerkschaft einsetzt und die keine Lobby in der Politik haben.
Somit führt jede Diskussion über die 4-Tage-Arbeitswoche oder Arbeitszeitverkürzung zu einer Spaltung der Gesellschaft, in Unternehmen und auch Arbeitnehmer, die eine 4-Tage-Woche realisieren können und die, bei denen genau das nicht geht. Recht vielen Dank für diesen Unsinn in der heutigen Zeit!
veröffentlicht am: | 23.01.24 |